Schulische Angebote auf Distanz (Corona) für nicht (bzw. noch nicht wieder) erreichbare Schülerinnen und Schüler als Kooperationsaufgabe zwischen Schulsozialarbeit und sonderpädagogischer Förderung in ES

von Alexander Lang

In einem frühen Blogeintrag auf dasistES.info beschrieb ich folgende Szene: Unlängst saß ich in einer Besprechungsrunde aller ES-Fachleitungen NRWs. Ein geladener Referent (Psychiater) führte zu einer Diskussion zu dieser Thematik knapp und überzeugend aus, dass unseren pädagogischen Angebote seiner Überzeugung nach nicht ihre Wirkung entfalten werden, wenn Schüler*innen mit psychiatrischen Auffälligkeiten ohne jede Unterstützung in der Schule säßen. Mit meinem Sitznachbarn flüsterte ich etwas ähnliches wie "aber wir haben doch auch immer wieder Schüler*innen bei uns sitzen, die eben von jenen psychiatrischen Einrichtungen wieder nach Hause geschickt werden". Und sie sitzen dann am nächsten Tag wieder in der Klasse... d. h. ich hegte durchaus Zweifel an der positivistischen Einschätzung des Psychiaters hinsichtlich medizinischer "Heilungserfolge" (in diesem konkreten Fall ging es um DMDD und einer möglichen erfolgreichen Pharmakotherapie).

Was kann, was muss ES an Angeboten bereitstellen, bzw. entwickeln, um auch für diese Schüler*innenschaft zuständig bleiben zu können?

In den außergewöhnlich herausfordernden Zeiten von coronapandemiebedingten Schulschließungen und Wechselunterricht stellt sich diese Frage noch intensiver. Nach kurzen Vorbemerkungen meinerseits (u. a. zur Dropout-Problematik, zu Unterrichtsangeboten für bildungsbenachteiligte SuS in Coronapandemiezeiten und den rechtlichen Grundlagen des Zusammenwirkens von Schulsozialarbeit und ES-Sonderpädagogik) freue ich mich über diesen Gastbeitrag aus der Perspektive der ES-Schulsozialarbeiterin Stephanie Gronenthal. Denn eine nicht (mehr) sehr kleine Zielgruppe von SuS mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf in ES scheint nicht vollumfänglich am klassischen schulischen ES-Angebot partizpieren zu können - und dies müssen nicht zwangsläufig nur die eingangs beschriebenen SuS sein. Was dann?

"Neben einem frühzeitigen Einbezug der Kinder- und Jugendpsychologie oder -psychiatrie, den weiteren Kooperationsstellen der Kinder- und Jugendhilfe und guter Psychoedukation auch der Erziehungsberechtigten muss ES allerdings zukünftig andere, bzw. mehr Antworten finden, als Unterrichts- oder Förderangebote in Kleinstgruppen im Klassenraum.

Es gibt immer mehr ES-Schulen, die sich auf den Weg machen. An dieser Stelle möchte ich einige Beispiele vorstellen. Und ich würde mich über weitere Nennungen im Kommentarbereich freuen (bitte mit Link), um an dieser Stelle eine Übersicht entstehen zu lassen. Wo ist ES-Schule mehr als Schule oder wo gestaltet man ES-Schule eben ganz anders, um insbesondere dieser o. g. hochrisikobelasteten Schüler*innengruppe Angebote zu ermöglichen und ein Dropout aus dem Schulsystem zu verhindern.“ (hier nachzulesen).

Nach ES kommt - Nichts

ES-Angebote dieser Art können für einige SuS ein Herausfallen aus dem Schulsystem verhindern (SuS, die vom sog. Dropout akut bedroht sind und die Schule ohne Schulabschlüsse verlassen oder eben gar nicht mehr an schulischen Angeboten partizipieren). Für diese (nicht sonderpädagogische erreichbare) Schülerinnen und Schülergruppe könnte in NRW (SchulG §40, 2) beispielsweise ein Ruhen der Schulpflicht ausgesprochen werden, wenn das bisherige „übliche“ ES-Angebot („Ausschöpfen aller Möglichkeiten“) im Kontext ES-Förderschule nicht mehr eine Teilnahme am Klassenunterricht ermöglichen kann. Diese SuS-Gruppe ist leider nicht so klein, wie man vermuten könnte, wie Hennemann et al. 2010 beschreiben: Zur damaligen Erhebungszeit verließen 79.000 SuS (vorzeitig) und ohne Hauptschulabschluss das Schulsystem, die Hälfte dieser Schüler*innen wies sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf auf.

ES ist mehr als Unterricht mit sonderpädagogischen Lehrkräften – das Netzwerk der Erziehungshilfe

Hennemann et al. (2015, S. 90) Sprechen von einem Netzwerk der Erziehungshilfe, wenn Sie ausführen, dass umfassendes professionelles und wirksames Handeln in ES den netzwerkartigen Einbezug verschiedenster Professionen bedingt:

  • Jugendhilfe
  • Erziehungsberatung
  • Schulsozialarbeit
  • Polizei
  • Eltern
  • Schulpsychologischer Dienst
  • Andere Schulen
  • ARGE
  • Förderschulen/Kompetenzzentren
  • Stiftungen/Sponsoren
  • Ärzte/Psychologen
  • Kinder- und Jugendpsychiatrie

Fett hervorgehoben wurde von mir der Verweis auf die vielfältigen Kooperationen zwischen der Sonderpädagogik im Kontext Förderschule und Schulsozialarbeit.

Dieses etablierte zusammenwirken im ES-Bereich findet in NRW seine rechtliche Legitimation gleich in einer Reihe von Gesetzen, Runderlassen und Ausführungsbestimmungen. Die wesentlichen Quellen führe ich hier zum Nachlesen auf:

- https://bass.schul-welt.de/8598.htm, Punkt 1.4. Beschäftigung von Fachkräften für Schulsozialarbeit in Nordrhein-Westfalen

- SGB VIII, §13

- SGB VIII, §11

- Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, §7

- SchulG NRW, §80

Eine umfassende Übersicht zum vertiefenden Weiterlesen zu dieser Thematik findet sich zudem im Srikpt der Profres Schermaier-Stöckl und Stock der KathONRW (Studiengang Soziale Arbeit).

In ES ist das Zusammenwirken zwischen der Schulsozialarbeit und der Sonderpädagogik nicht nur rechtlich eng miteinander verwoben, sondern auch aufgrund der vielfältigen Herausforderungen, die die Schüler*innenschaft an die Fachrichtung stellt, unabdingbar wichtig. Insbesondere für die oben beschriebene Zielgruppe von SuS, die nicht mehr oder noch nicht wieder an den üblichen schulischen ES-Angeboten (klassischer sonderpädagogischer Unterricht) partizipieren können, kann Schulsozialarbeit eine überaus bedeutsame Kooperationsrolle einnehmen und im schulischen ES-Kontext einnehmen.

Aus diesen Gründen freue ich mich umso mehr, den folgenden Gastbeitrag von Stephanie Gronenthal auf dasistes.info veröffentlichen zu können.

Coronapandemiebedingte Distanzlernformate  in ES – wie gelingt das?

Beschulung in Zeiten der Coronapandemie stellt bis heute (April 2021) auch nach einem guten Jahr Erfahrungen das System Schule allgemein weiterhin vor große Herausforderungen. ES sieht sich neben den üblichen Schwierigkeiten (genannt seien hier nur die Stichworte Digitalisierung, Bildung im Zeitalter der Digitalität, multimediale Ausstattung von SuS und Lehrkräften) insbesondere der, meines Erachtens nach, größten Herausforderung unter den aktuellen Pandemiegegebenheiten, dass ein Teil unserer Zielgruppe SuS sind, die auch im Vor-Coronapandemie-Schulalltag größte Schwierigkeiten hatten, selbst im Kontext ES-Förderschule vor einem Dropout aus ebendieser bewahrt und bedürfnisgerecht erreicht zu werden.

Im o. g. Blogeintrag benannte ich konkrete Kooperationsprojekte zwischen ES-Förderschulen und Schulsozialarbeit und teilweise auch privaten Leistungserbringer der Kinder- und Jugendhilfe. Hier möchte ich heute die lesenswerten Ausführungen der von mir sehr geschätzten Schulsozialarbeiterin Stephanie Gronenthal, deren alltägliche Arbeit, meines Erachtens nach, ein sehr gelungenes Beispiel für die vielen erfolgreichen Kooperationen im Bereich des Zusammenwirkens von ES-Förderschule und Schulsozialarbeit darstellen.

Im Kontext schulischer Angebote unter den Bedingungen der Coronapandemie ist derzeit durch einige Studien mittlerweile nicht nur untersucht, wie sich Lehr-Lernprozesse im Distanzunterricht in Deutschland darstellen, sondern leider auch deutlich geworden, dass insbesondere bildungsbenachteiligte Schülerinnen und Schüler die an sie gestellten Herausforderungen teilweise nicht bewältigen konnten:

Im Fazit der Studie „bilanz - Bestandsaufnahme und Evaluation von Maßnahmen zur Förderung bildungsbe-nachteiligter Schüler*innen“ von Ina Berninger heißt es auf Seite 22: „Die Bedarfe bildungsbenachteiligter SuS ergeben sich einerseits aus dem Ressourcenmangel ihres Elternhauses. Hier kann ein finanzieller, zeitlicher, sozial-emotionaler Mangel bestehen und/oder können Wissen, Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten fehlen, die für den Bildungserfolg zentral sind. Andererseits kann eine Benachteiligung auf institutioneller Ebene durch Diskriminierung entstehen. Engagierte Lehrer*innen bemühen sich, diesen Mangel auszugleichen. Jedoch können aufgrund von Zeitmangel und der Lehrer*innenrolle als Bewertende nicht alle Bedarfe adressiert werden. Die an den Schulen angesiedelten bzw. mit den Schulen arbeitenden Förderprogramme und -einrichtungen sind entsprechend essentiell daran beteiligt, Bildungsbenachteiligung zu reduzieren. Die hier betrachteten Programme und -einrichtungen scheinen ihre spezifischen Ziele zu erreichen. Um Bildungsbenachteiligungen nachhaltig und umfangreich zu reduzieren, ist ein systemischer Ansatz mit jahrelanger Begleitung und mit Projekten auf verschiedenen Wirkungsebenen besonders gut geeignet. Eine Gruppe besonders stark benachteiligter SuS wird aus unterschiedlichen Gründen (z. B. fehlende technische Ausstattung, Zugangsvoraussetzungen, Art der Ansprache bei der Programmbeschreibung) nicht durch die Programme erreicht. Ein strukturiertes Partnerschaftsmanagement zwischen Schulen und Förderpro-grammen bzw. -einrichtungen könnte sicherstellen, dass alle Bedarfe bzw. alle Gruppen von bildungsbenachteiligten SuS adressiert werden. Hierzu wäre ein Gesamtkonzept zur Reduktion von Bildungsbenachteiligung an Schulen erstrebenswert. Die veränderte Beschulungssituation – ausgelöst durch die Corona-Pandemie – verschärft die Bildungsbenachteiligung und lässt uns genauer erkennen, welche Bedarfe essentiell sind. Auch hier haben die betrachteten Förderprogramme und -einrichtungen schnell reagiert und einen Betrag geleistet, Bildungsungleichheit – auch in Zeiten von Corona – auszugleichen. Die zusätzlichen und/oder verschärften Bedarfe, die sich aus der neuen Beschul-ungssituation heraus ergeben, betreffen insbesondere

1.) die technische Ausstattung der SuS bzw. deren Erziehungsberechtigen und der Schule
2.) unzureichende (ruhige) Arbeitsplätze im Haushalt der SuS,
3.) die unzureichende Selbstorganisation der SuS bzw. deren Erziehungsberechtigen,
4.) die unzureichende Medienkompetenz der SuS bzw. deren Erziehungsberechtigen,
5.) die unzureichende Anbindung (sozial-emotionales Bedürfnis) der SuS an die Schule und ihre Akteur*innen. Insbesondere Letzteres sollte dem Auflösen von Verständnisschwierigkeiten zwischen bildungsbenachteiligten SuS bzw. deren Familien und der Schule bzw. deren Akteur*innen entgegenstehen. Verständnisprobleme gelten als eine zentrale Ursache von Bildungsbenachteiligung.“

Große Teile der Schüler*innenschaft unserer Disziplin ES können vermutlich als bildungsbenachteiligt im oben beschriebenen Sinne angesehen werden. Das Team um Stephanie Gronenthal versucht Wege zu finden, um auch in Distanzunterrichts-Zeiten Schülerinnen und Schüler zu erreichen und an dem Ziel zu arbeiten, wieder an allen schulischen und unterrichtlichen Angeboten der Schule vollumfänglich partizipieren zu können.

Gleichzeitig kann die nachfolgend beschriebene sonderpädagogische und schulsozialarbeiterische Förderung im Kontext dieses Blogs im Bereich von klassischen dualen Förderangeboten verortet werden, in denen überfachliche Förderziele zu Fachzielen werden. Auf die Ausführungen Gronenthals blicke ich allerdings nicht durch die Brille des Seminarausbilders, sondern setze die Brille der ES-Lehrkraft auf und wertschätze die Kreativität und Umsetzung dieser Angebote sehr.

Ein Auszug aus der Projektseite der Schule Gronenthals beschreibt die professionellen Rahmenbedingungen ihrer ES-Wirkungsstätte:

Schulbauernhof der Janusz-Korczak-Schule in Birgden

Der Schulbauernhof der Janusz-Korczak-Schule ist ein Kooperationsprojekt mit dem Caritasverband für die Region Heinsberg e.V.. Die Trägerschaft, zu dem neben dem Personal auch die wirtschaftliche Organisation gehört, erfolgen durch den Caritasverband.

Der Schulbauernhof hat das Ziel, Schülerinnen und Schüler, die auf Grund von besonderen Problemen aktuell nicht im Klassenverband beschult werden, wieder auf den Unterricht vorzubereiten. Er bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, lebenspraktische Schulinhalte in einem geschützten Rahmen zu erlernen. Der Schulbauernhof hat eine maximale Aufnahmekapazität von acht Schülern. Er konnte durch die Kooperation mit dem Jugendamt des Kreises Heinsberg realisiert werden.

 

Es folgt der Gastbeitrag von Stephanie Gronenthal.

Lernen auf Distanz – Aber wie?

Zweifellos haben uns die Jahre 2020 und 2021, insbesondere bedingt durch das Pandemie-Geschehen, im Schulbetrieb vor neue Herausforderungen gestellt. Angebote im digitalen Lernen nehmen immer mehr zu – und das ist gut so. Die bisherigen Erfahrungen in der Praxis zeigen, wie wichtig diese Angebote im Lernen auf Distanz sind. Und doch zeigen die Erfahrungen in unserer Praxis, dass wir im Lernen auf Distanz nicht alle Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf mit dieser Methodik im Lernen auf Distanz abholen können. Viele unserer SchülerInnen erfüllen nicht die Voraussetzungen, um sich von zu Hause aus auf klassische Schulmaterialien einzulassen. Teils fehlt es an der materiellen Ausstattung, denn nicht jede(r) unserer SchülerInnen kann von zu Hause aus auf das Internet zugreifen, nicht jede(r) unserer SchülerInnen hat Zugriff auf einen Schreibtisch und einen festen Arbeitsbereich. Teils birgt das Lernen auf Distanz im digitalen Bereich für unsere SchülerInnen aber auch zu viele Motivationshürden, um sich an das digitale Arbeiten heranzuwagen. Bei den SchülerInnen, die im Präsenzunterricht schon nur schwer oder gar nicht zu klassischem Schulunterricht bewegen zu sind und bei denen die Konfrontation mit Schulmaterialien eine solche Frustration auslöst, dass sie beginnen, Schulunterricht zu verweigern und sich vor dem Raum Schule immer mehr zu verschließen, ist das Lernen auf Distanz im digitalen Bereich keine ideale Lösung.

Und so machten wir zu Beginn der Schulschließungen im Kreis Heinsberg die Erfahrung, dass unsere SchülerInnen auch auf postalisch zugeschickte Schulmaterialien in Mathe, Deutsch und Englisch nicht entsprechend reagierten. So stellten wir uns schon nach wenigen Tagen die Frage: Wie gehen wir mit dieser Situation nun grundsätzlich um? Es wurden Elterntelefonate geführt, Versuche unternommen, die Kinder und Jugendlichen per Telefon dazu zu motivieren, ihren Wochenplänen in digitaler oder herkömmlicher Form nachzukommen. Doch diese Versuche waren nicht grundsätzlich erfolgreich. Also begannen wir unseren SchülerInnen praktische Aufgaben am Telefon zu übermitteln. Am nächsten oder übernächsten Tag folgte dann ein telefonisches Gespräch darüber, ob die Aufgabe für die SchülerInnen zu bewältigen war und auch die Eltern wurden in diesen Arbeitsprozess mit einbezogen. Zum einen um eine Überprüfbarkeit zu schaffen und zum anderen, um den Eltern in dieser grundsätzlich belastenden Situation am Pandemie-Beginn ein Ventil und Hilfe zu bieten, sich Beratungsmöglichkeiten einholen zu können.

Nach einer Weile begannen die SchülerInnen sich auf die Praxisaufgaben immer mehr einzulassen. Doch die telefonischen Gespräche stellten für manche SchülerInnen eine Hürde dar. Denn was für uns ein gut gemeinter Feedback-Anruf war, wirkte auf manche(n) SchülerIn wie ein Eingreifen in ihre/seine Privatsphäre. Zudem stellten wir fest, dass es unseren SchülerInnen schwer fiel sich die Aufgabenstellungen, die wir ihnen telefonisch mitteilten, zu merken. Es fehlte an einer grundlegenden Orientierung bei der Bewältigung der Lernaufgaben. Eine Auflistung kleinerer Arbeitsschritte, die dann zum Ziel der Erledigung der jeweiligen Aufgabe führen, ist für unsere SchülerInnen ein wichtiges Instrument um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und lösungsorientiert angeleitet arbeiten zu können.  Kurzum: Erteile ich einem Schüler/einer Schülerin die lebenspraktische Aufgabe: „Sortiere heute eine Schublade in deinem Zimmer. Das kann eine Schublade deines Kleiderschranks sein oder auch eine Schreibtischschublade. Entscheide selbst, welche Schublade du aufräumen möchtest.“, scheitern manche SchülerInnen bereits beim Angang an der Aufgabe. Probleme wie „Welche Schublade nehme ich denn jetzt?“ und „Wie genau soll ich denn sortieren, was ist damit gemeint?“, „Wie sieht denn eine ordentliche Schublade überhaupt aus?“ tun sich schnell auf und führen ggf. zu Frustrationserfahrungen in Form von Überforderung und sich daraus ergebener Unlust und Demotivation. Es brauchte also eine verschriftlichte Form, die die SchülerInnen genauer anleitet und unterstützt.

Also begannen wir unsere praxisbezogenen und analogen Aufgaben zu verschriftlichen und passende Arbeitsblätter zu erstellen, um die telefonischen Gespräche für die SchülerInnen zu reduzieren und so möglicher Frustration entgegenzuwirken.

Die praxisbezogenen Aufgaben im Lernen auf Distanz sind für die Schülergruppe auf dem Schulbauernhof ein wichtiges Instrument, um das projektbezogene Arbeiten, das auf dem Schulbauernhof eine Grundkonstante der Motivationsförderung für die SchülerInnen darstellt, auch bei einem Fehlen des Präsenzunterrichtes beibehalten zu können.

Doch beim Fertigen der Arbeitsblätter für praxisbezogene und analoge Aufgaben im Lernen auf Distanz wurde schnell klar, dass es eines festen Konzeptes bedarf. Denn das praxis- und projektbezogene Arbeiten, das wir auf dem Schulbauernhof grundsätzlich mit den SchülerInnen umsetzen, kann eben nicht in ähnlicher Form von zu Hause aus umgesetzt werden. Der sichere Raum des Schulbauernhofes fehlte, die MitschülerInnen als zusätzliche Motivatoren fehlten, die pädagogische Beziehungsarbeit war nur bedingt und hauptsächlich über Telefonate möglich. Des Weiteren waren, wie bereits oben angedeutet, nicht selten die Möglichkeiten reduziert, von zu Hause aus zu arbeiten. Und das zeigte sich nicht nur, was einen festen Arbeitsplatz betrifft, der beim digitalen Arbeiten weit mehr notwendig ist als bei praxisbezogenen Aufgaben, sondern es fehlten eben auch häufig grundlegende Materialien, die für praxisbezogene Aufgaben hilfreich sein können. So kann man beispielsweise eben nicht bei jede(m) SchülerIn davon ausgehen, dass Schere, farbige Stifte oder Bastelutensilien verschiedener Art vorhanden sind. Und so entwickelten wir zunächst ein paar wesentliche Faktoren, auf die bei der Erstellung von analogen und praxisbezogenen Arbeitsblättern geachtet werden sollte.

Das Erstellen von praxisbezogenen und analogen Lernaufgaben

Das Arbeiten an Unterrichtsinhalten dieser Art im Lernen auf Distanz stellte uns insbesondere vor die Herausforderung, dass die Umsetzung der Aufgaben für die SchülerInnen möglichst barrierefrei verlaufen muss. Sprich: Wenn ein(e) SchülerIn ein Arbeitsblatt im analogen Lernen auf Distanz erhält, dann muss klar sein, dass sie alle Möglichkeiten zu Hause oder in ihrer/seiner direkten Umgebung vorfindet, um diese Aufgabe auch grundsätzlich umsetzen zu können. Schließlich wollen wir mit dieser Art des Lernens Schulfrust verringern und keine zusätzlichen Lernbarrieren und Frustrationserlebnisse schaffen. Uns ist besonders wichtig, dass die SchülerInnen bei der Bewältigung der Aufgabe ein Erfolgserlebnis verspüren können. Auf die folgenden Punkte haben wir also besonders hohen Wert gelegt:

  • Die Aufgaben sollten ohne Anschaffungskosten zu bewältigen sein.
  • Die Aufgaben sollten mit Materialien arbeiten, die allen Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stehen.
  • Sollte eine Aufgabe mit Materialien arbeiten, die nicht grundsätzlich in jedem der Haushalte zur Verfügung stehen, werden die benötigten Materialien mit dem jeweiligen Aufgabenblatt mit herausgegeben oder im Vorfeld mit den Erziehungsberechtigten abgesprochen, ob notwendige Materialien vor Ort vorhanden sind.
  • Die Aufgaben sollten mit der Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen zusammenhängen und die Interessen der SchülerInnen mit aufgreifen.
  • Die Aufgaben sollten leicht verständlich und für die SchülerInnen transparent, nachvollziehbar sein.
  • Die Aufgabenblätter sollten möglichst motivierend und anschaulich gestaltet sein in Sprache und Design.
  • Die Aufgaben sollten wenn möglich abwechslungsreich gestaltet sein und verschiedene Lernaspekte abdecken.
  • Die Aufgaben sollten im Austausch mit den SchülerInnen entwickelt und überprüft werden, um möglichst interessebezogenen Aufgaben erstellen zu können und die SchülerInnen in ihre Arbeiten mit einzubeziehen. um den partizipativen Lernzugang auf dem Schulbauernhof auch im Lernen auf Distanz beibehalten zu können.

Die Lernbereiche

Um eine Idee davon zu bekommen, wie die praxisbezogenen Lernaufgaben im Lernen auf Distanz organisiert worden sind, anbei die von uns erstellten Lernbereiche, in die wir die Aufgaben untergliedert haben. Die unten aufgelisteten Lern- Fachbereiche stellen für unsere SchülerInnen wesentliche Lern- und Förderziele dar. Anhand der von uns erstellten Förderpläne für die SchülerInnen konnten wir so möglichst individuell zugeschnittene Aufgaben erstellen.

Die Lernbereiche lassen sich in Arbeitsblättern häufig miteinander kombinieren, wie man in den im Anhang vorhandenen Arbeitsblätter sehen kann.

Lernbereich Motorik

In diesen Fach- und Lernbereich können Aufgaben fallen, die insbesondere mit dem Erleben der eigenen Motorik und der eigenen körperlichen Fähigkeiten in Verbindung stehen. Ein mögliches Beispiel könnte sein, die SchülerInnen ein Springseil basteln zu lassen mit Materialien, die sind dazu auffinden können. So lassen sich auch in diesem Fachbereich mehrere Kompetenzen (kreativer Schaffungsprozess und Gebrauchsfähigkeit des Körpers in diesem möglichen Beispiel) kombinieren. Auch sportliche Übungen und Aktivitäten jeder Art fallen in diesen Lernbereich, der auch im Lernen auf Distanz von den SchülerInnen umgesetzt werden kann. So sind Sportübungen mit alltagsüblichen Gegenständen möglich. Die SchülerInnen können beispielsweise gefüllte Wasserflaschen als Gewichte nutzen und so kleine Trainingseinheiten mit ihnen vollziehen.

Lernbereich Kommunikation

Im Lern- und Fachbereich der Kommunikation sollen grundlegende kommunikative Kompetenzen entwickelt werden. Unter kommunikative Kompetenzen fallen alle Formen verbaler und nonverbaler Ausdrucks- und Mitteilungsfähigkeiten. Sowohl durch symbolisches (Worte, Schrift, Symbol- oder Zeichensprache), als auch durch non-symbolisches (Mimik, Gestik, Berührung) Kommunikationsverhalten können Informationen aufgenommen und mitgeteilt werden. Der Fachbereich Kommunikation kann in lebenspraktischen Übungen insbesondere durch die Teilhabe einer weiteren Person bei der Durchführung der Aufgabe genutzt werden. Hier kann man den SchülerInnen Aufgaben stellen wie bspw.: „Unterhalte dich mit einer erwachsenen Person über (jeweiliges Thema)“, „Notiere anschließend, welche Inhalte in eurem Gespräch besonders relevant gewesen sind“. Hier können beliebige Ziele integriert werden. So spielten bei unseren SchülerInnen besonders Aspekte der gewaltfreien Kommunikation eine große Rolle. Auch Aufgaben wie „Schreibe heute einen Brief an eine Person deiner Wahl, in der du ihr drei Dinge nennst, die du an ihr magst“ sind hier möglich. Auch in Bezug auf Schule kann hier gearbeitet werden, indem man die Aufgabe umwandelt in „Schreibe drei Dinge auf, die dir am Unterricht besonders gut gefallen. Notiere des Weiteren drei Wünsche, die du gerne in deinen Schulalltag integrieren wollen würdest“. Der Lernbereich Kommunikation kann also beliebig untergliedert werden. Mögliche Beispiele möchte ich demnach zusätzlich aufführen.

  • Gewaltfreie Kommunikation
  • Wertschätzende Kommunikation
  • Sprachliches Mitteilungsvermögen: Artikulation von Wünschen und Ideen
  • Entwicklung von Reflexionsbewusstsein
  • Diskussionsfähigkeit und Konfliktfähigkeit
  • (…)

Zu all diesen Unterpunkten lassen sich kreative Aufgaben entwickeln, je nach Förderbedarf der SchülerInnen.

Lernbereich Sozialverhalten und Interaktion

In den Lernbereich Sozialverhalten und Interaktion fallen Kompetenzen, die sich im weitesten Sinne auf alle Formen des emotionalen und sozialen Verhaltens erstrecken. Dieser Lernbereich ist eng mit dem Lernbereich der Kommunikation verknüpft, unterscheidet sich aber doch in wesentlichen Punkten. Eine mögliche Aufgabe hier könnte beispielsweise sein: „Spiele folgendes Gesellschaftsspiel mit einem Freund/einer Freundin/deinen Erziehungsberechtigten (…)“, hierzu könnte dann ein passendes Gesellschaftsspiel mitgegeben und ausgeliehen werden. Folgende Teilbereiche möchte ich zusätzlich aufführen:

  • Gemeinsames Spielen
  • Das Knüpfen und Gestalten von Freundschaften
  • Das Teilen von Rechten und Pflichten
  • Empathievermögen
  • Fairness
  • Emotionen erkennen und wahrnehmen
  • Emotionen äußern und deuten können
  • Interesse an anderen zeigen können
  • Die Bedürfnisse des Gegenübers erkennen können

Anhand dieser Teilbereiche lassen sich kreative, praktische Aufgaben für die SchülerInnen erstellen, in denen sie sich in einen sozialen Kontext einbringen können.

Fachbereich Selbstreflexion

In diesem Lernbereich kann es um wesentliche Fragen gehen wie „Wer bin ich?“, „Wer möchte ich sein?“, „Was macht mich aus?“, „Wie möchte ich wohnen?“. Das sind selbstverständlich sehr komplexe Fragen, aber durch praktische Übungen kann man die SchülerInnen ggf. dazu anleiten, ein gewisses Maß an Selbstreflexion und Ich-Erkennung zu entwickeln. Hier kann bspw. die Beschäftigung mit Berufsbildern dienlich dafür sein, die SchülerInnen dazu zu bringen zu reflektieren „Was könnte ich mal beruflich machen wollen?“, was innerhalb der Lebenspraxis eine zentrale Frage für die SchülerInnen darstellt.

Eine weitere Aufgabe könnte sein: „Was sind Dinge, die mich im Alltag beschäftigen? Was sind meine regelmäßigen Beschäftigungen und wie viel Zeit investiere ich pro Tag in sie?“ Hier kann im Nachgang dann auch versucht werden, über die Alltagsstruktur der SchülerInnen zu reflektieren. Häufig nimmt bspw. der Medienkonsum bei den SchülerInnen eine hohe Stundenzahl in ihrem Lebensalltag ein. In einem gemeinsamen Dialog kann dann der Versuch unternommen werden, den SchülerInnen ein kritisches Medienbewusstsein zu vermitteln. Das ist auch ein wichtiger Beitrag dazu, dass SchülerInnen eine Idee davon bekommen, was eigentlich eine gesunde Lebenspraxis bedeuten könnte. Folgende Themenschwerpunkte, die wir hier in unserer Arbeit ins Auge gefasst haben, seien genannt:

  • Gesunder Schlafrhythmus
  • Gesunder Medienkonsum
  • Bewegungseinheiten entwickeln
  • Aufgaben an der frischen Luft
  • Erfolgserlebnisse gestalten lernen
  • Interessen entwickeln und gestalten lernen
  • Zukunftsorientierung entwickeln
  • Selbstbild entwickeln: Was kann ich? Worin bin ich gut? Woran kann ich arbeiten?
  • Wünsche entwickeln und realistische Ziele setzen

Lernbereich Aufmerksamkeit und Konzentration

Der Lernbereich Aufmerksamkeit und Konzentration dient dazu, die SchülerInnen dazu zu motivieren, sich einer Sache/eines Projekts für eine gewisse, ihnen mögliche Zeit voll anzunehmen. Übungen hier können beispielsweise sein: „Male folgendes Mandala mit Buntstiften aus. Achte dabei darauf, möglichst innerhalb der Linien zu arbeiten“. Dabei sollte darauf geachtet werden, den SchülerInnen für Aufgaben dieser Art eine zeitliche Beschränkung mit an die Hand zu geben, um Frustrationserfahrungen vorzubeugen. Sprich: „Nehme dir für das Mandala 10 Minuten Zeit. Lege dann eine Pause von 15 Minuten ein.“. Denn häufig haben unsere SchülerInnen bei diesem Lernziel besonders hohe Schwierigkeiten, die es zu beachten gilt. Die Aufgabe soll schließlich ein Erfolgserlebnis nach sich ziehen und den SchülerInnen nicht das unterschwellige Gefühl vermitteln, dass sie an der Aufgabe scheitern.

Lernbereich Kunst

Unter die künstlerische Kompetenz fallen alle Formen von kreativen Schaffensprozessen, die den SchülerInnen ein abwechslungsreiches Gestalten und Erleben ihrer Umwelt ermöglichen. Dieser Fachbereich kann beispielsweise sehr gut mit dem Fachbereich Natur kombiniert werden, indem man den SchülerInnen Hilfestellungen dabei gibt, aus Gegenständen, die sie in der Natur auffinden können, kreative Schaffensprozesse selbst zu gestalten (Beispiel: „Landart“). Der Fachbereich Kunst ist insbesondere aufgrund der direkten Erfolgserlebnisse besonders relevant und kann für SchülerInnen eine große Motivationsquelle darstellen. Es gilt hierbei, wie auch bei den anderen Lernbereichen, aber stets im Blick zu behalten „Wo steht der/die SchülerIn?“ oder konkreter gefragt: „Wie viel kreativen Freiraum kann ich dem/der SchülerIn geben? Wie viel Vorgabe braucht es, damit die Aufgabe für den/die jeweilige(n) SchülerIn in der Lerneinheit bewältigbar ist?“ Nach unseren bisherigen Erfahrungen ist es hier besonders wichtig, das Arbeitsblatt mit Bildern zu gestalten. Mit Vorlagen also, an denen sich die SchülerInnen orientieren können.

Lernbereich Natur

Unter den Fachbereich Natur fallen alle lebenspraktischen Übungen, die in direktem Zusammenhang mit einem Erleben der Natur zu bringen sind. Hier können Übungen gestellt werden wie „Pflanze eine Pflanze und kümmere dich für einen Monat um sie“, „Mess nach, um wie viele cm sie in dieser Zeit gewachsen ist“ (...). Das Erleben von Natur ist für unsere SchülerInnen ein besonders wichtiges Lernziel, weil es unmittelbar seinen Beitrag dazu leistet, den eigenen Alltag gesünder zu gestalten. Sprich: Verbringt das Kind/der Jugendliche mehr Zeit in der Natur, sitzt das Kind/der Jugendliche automatisch weniger vor Bildschirmen. Auch hier muss im Blick behalten werden, sich genau anzuschauen, wo der jeweilige Schüler/die jeweilige Schülerin aktuell steht. Habe ich es bspw. mit einem Kind/einem Jugendlichen zu tun, der aufgrund einer Angststörung kaum noch das Haus verlässt, muss ich die Lernaufgabe besonders sensibel gestalten und hier evtl. auch selbst begleiten. Aufgaben dieser Art dürfen keinesfalls dazu führen, dass das Kind/der Jugendliche  zu stark mit seinem eigenen Defizit konfrontiert ist. Das kann erfahrungsgemäß dann schnell in eine Abwehrhaltung führen, da der/die SchülerIn sich erneut als „nicht handlungsfähig“ sieht und frustriert ist.

Lernbereich Öffentlichkeit und Orientierung

Orientierung ist in verschiedensten Lebensbereichen notwendig, um den eigenen Alltag zu bewältigen. Übergreifend geht es hierbei um die Kompetenz, bekannte und neue situative Schwierigkeiten zu meistern. Diese Bewältigungskompetenz ist u.a. in folgenden Bereichen wichtig: Wohnen, Freizeit, Arbeit, Schule, Straßenverkehr, Umgang mit Geld. In diesem Fachbereich können den SchülerInnen beispielsweise Aufgaben gestellt werden, die in direktem Zusammenhang mit ihrem Wohnort stehen. „Wie weit ist es von dir bis zum nächsten Bäcker? Geh los und stoppe die Zeit“, „Gehe in den nächsten Supermarkt und vergleiche die Preise verschiedener Wassersorten, wie groß ist die Preisspanne?“

Lernbereich Alltagsbewältigung/Selbstbestimmung/praktische Fähigkeiten

Hierunter ist die Kompetenz der Entscheidungsfähigkeit zu verstehen. Diese äußert sich in nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens: Auswählen von Aktivitäten, Erledigen anfallender Aufgaben, Analysieren und Äußern eigener Interessen und Wünsche.

Die Kompetenz des selbstständigen Handelns ist als Kernkompetenz eines Individuums anzusehen. Sie ermöglicht selbstbestimmtes Agieren und führt im Idealfall zu einer Selbstverantwortung. In diesem Fachbereich können den SchülerInnen Aufgaben gestellt werden wie: „Erstelle einen Tagesplan für einen gesunden Tag und versuche diesem für einen Tag lang nachzugehen“ (alternativ kann man diesen auch vorgeben und die SchülerInnen bspw. bitten 15 Minuten spazieren zu gehen und eine gesunde Mahlzeit zuzubereiten), anschließend könnten die SchülerInnen dann den Tag für sich auf einem separaten Arbeitsblatt verschriftlichen und punktuell beschreiben, was ihnen besonders schwer/was ihnen besonders leicht gefallen ist.

Lernbereich Selbstversorgung und Wohnen

Die Fähigkeit zur Selbstversorgung bezieht sich zum einen auf den enger gefassten Bereich lebenspraktischer Kompetenzen: Essen, Anziehen, Körperpflege, Hygiene. Zum anderen fallen hierunter auch Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die das eigene Wohlbefinden betreffen: Prävention und Erkennen von Krankheiten, gesunde Ernährung (…). Hier kann bspw. die Aufgabe gestellt werden, die SchülerInnen ihren Wohnort erkunden zu lassen und drei Plätze/Gebäude herauszusuchen, die Ihnen vertraut sind oder die sie gerne mal besuchen wollen würden.

Dies Fachbereiche lassen sich mit Sicherheit weiter ausweiten und detaillierter darstellen. Sie sind zum Teil eng miteinander verknüpft und nicht ohne Weiteres voneinander trennbar. So liegt zum Beispiel der Fachbereich Alltagsbewältigung und Selbstbestimmung sehr nah beim Fachbereich für Selbstversorgung. Besonders war uns neben dem Erleben der Aufgaben auch eine abschließende Reflexion der SchülerInnen wichtig, um ein Feedback darüber zu bekommen, wie die Aufgaben bei den SchülerInnen angekommen sind und was bei der Umsetzung ggf. Barrieren aufkommen hat lassen, die wir dann im Nachgang korrigieren und verbessern konnten. Zudem ermöglichte die tägliche Reflexion der SchülerInnen auch eine Überprüfbarkeit, sprich: „Hat der Schüler, die Schülerin die Aufgabe auch wirklich bewältigt?“

Mögliche Einsatzgebiete für die praxisbezogenen Arbeitsblätter

Die Arbeitsblätter wurden so niederschwellig als möglich gestaltet, damit sie für unsere SchülerInnen möglichst barrierefrei funktionieren. Aufgrund dieser Tatsache sehe ich ein mögliches Anwendungsgebiet der Arbeitsblätter sowohl im Sekundar- als auch im Primarbereich. Auf dem Schulbauernhof werden die Arbeitsblätter seither stets weiterentwickelt. Die SchülerInnen werden regelmäßig nach eigenen Wünschen befragt, sie bringen Ideen für neue Aufgaben ein und äußern Wünsche, was Ihnen im praxisorientierten Lernen auf Distanz Freude bereiten würde. Das hält die Arbeitsmotivation im Lernen auf Distanz hoch und schafft eine wertschätzende Lernatmosphäre. Um einen meiner Schüler zu zitieren: „Ich find halt echt cool, dass sie mal was anderes mit uns machen und wir mitentscheiden können, woran wir arbeiten. Macht dann auch einfach mehr Bock. Deswegen mach ich die Aufgaben halt auch gern.“

Im Idealfall läuft es daher sicherlich so, dass man auch die Bereitschaft zeigt, mit seinen SchülerInnen gemeinsam Ideen zu sammeln, welche Aufgaben ihnen besonders viel Freude bereiten würden. So erweitert sich der persönliche Fundus an praxisorientierten Aufgaben und so können die Aufgaben so individuell als möglich auf die SchülerInnen der Lerngruppe zugeschnitten werden. Stellt man dann fest, dass ein Lernbereich für eine(n) SchülerIn ein besonders relevantes Lernziel darstellt, kann man die Arbeitsblätter auch auf diesen Lernpunkt hin gestalten und nutzen, um auch im Lernen auf Distanz Fortschritte zu gewährleisten und einen tiefgreifenden Lernprozess zu ermöglichen.

Praxisbezogene Aufgaben im Lernen auf Distanz

Die erstellten Arbeitsblätter kamen in unserem Fall vornehmlich im Lernen auf Distanz während der Schulschließungen rund um die Pandemieentwicklung von Corona zum Einsatz. Wie oben erklärt stellen sie eine gute Methode dar, das Lernen auf Distanz möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Mit der Zeit konnten wir so SchülerInnen auch immer mehr dahingehend motivieren, auch den Zugang zu Lernprogrammen und Wochenplänen Stück für Stück zu nutzen. So entstand ein vielseitiges und abwechslungsreiches Angebot im Lernen auf Distanz, das für unsere Schüler essenziell für die Aufrechterhaltung ihrer Lernmotivation gewesen ist.

Praxisbezogene Aufgaben als Belohnungssystem

Gut vorstellen kann ich mir die Arbeitsblätter zudem als eine Art Belohnungssystem: „Unter dieser und jener Bedingung kannst du dir statt den Hausaufgaben in Mathe/Deutsch/Englisch eine Hausaufgabe im praktischen Lernen verdienen“. Unsere bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass auch SchülerInnen, die in Bezug auf Schule ein grundsätzliches Motivationsproblem oder auch Ängste haben, äußerst positiv auf das praxisbezogene Arbeiten reagieren. Oft unter der Voraussetzung, dass man im Vorhinein ihre eigenen Interessen abfragt. So lassen sich individuell zugeschnittene Arbeitsblätter fertigen, die dem/der SchülerIn ein Gefühl von Anerkennung dadurch vermitteln können, dass man ihre Interessen honoriert und in das schulische Arbeiten versucht zu integrieren.

Überprüfbarkeit und Transparenz

Selbstverständlich ist es wichtig, dass die praxisbezogenen Aufgaben im Lernen auf Distanz auch zu einem gewissen Maß überprüft werden können. Denn meistens liegt uns nach dem Arbeiten der SchülerInnen an ihren praxisbezogenen und analogen Aufgaben keine direkte Form der Überprüfbarkeit vor. Sprich: Haben die SchülerInnen die Aufgaben auch wirklich absolvieren können? Zum einen setzt das ein gewisses Maß an Vertrauensverhältnis voraus, zum anderen lässt sich durch eine Arbeits-Reflexion der SchülerInnen aber durchaus reflektieren, ob und wie die Aufgaben von Ihnen umgesetzt worden sind. Die Arbeitsreflexion kann die SchülerInnen dann auch motivieren ihren Arbeitsprozess in einigen Stichpunkten Revue passieren zu lassen. Auch lässt sich bei der Mehrzahl der vorliegenden Aufgaben eine Zusatzaufgabe vereinbaren wie: „Fotografiere das Endergebnis deiner Arbeit und schicke es der Schule zu / bring es morgen mit“.

Die Arbeitsblätter

Anbei einige beispielhafte Arbeitsblätter.






Anfragen für weitere Informationen leite ich an Stephanie Gronenthal gerne weiter, direkt erreichbar ist sie über diesen Link.

Download der Arbeitsblätter, bearbeitbar als .doc

Hier

Hinweis zur Nutzung des Artikels

Dieser Text ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen. Bei Nutzung, auch von Auszügen, ist eine Autorennennung mit Quellenangabe nötig. www.dasistes.info, Alexander Lang 2021

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