Kleiner Exkurs in die Entwicklungspsychologie: Erziehungsstile nach Berk

von Alexander Lang

Testen Sie sich in Teil I dieser Ausführungen selbst, wie gut Sie sich noch an das propädeutische Studienwissen erinnern und lesen in Teil II zusammenfassend nach, welche Attribuierungen mit welchem Erziehungsstil laut Berk verbunden werden. In Teil III finden Sie Erklärungen dafür, wie und warum der autoritative Erziehungsstil wirkt.

Teil I - Ordnen Sie die beschreibenden Aussagen einem der vier Erziehungsstile nach Berk zu

1. Dem Kind gegenüber wenig Akzeptanz und Anteilnahme zeigend

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

2. Kombination aus niedriger Akzeptanz und Beteiligung mit wenig Kontrolle und indifferentem Verhalten gegenüber Autonomie d. Kindes

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

3. Hohe Akzeptanz des Kindes, hohes Maß an persönlichem Beteiligtsein

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

4. Angemessen gesteuerte Kontrollmechanismen und angemessenes Einräumen von Handlungs­spielräumen

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

5. Häufig fehlt hier eine emotionale Beteiligung der Erziehenden, es herrscht Distanz

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

6. Statt sich selbst einzubringen, wird Kindern zu viel oder zu wenig Aufmerksamkeit teil

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

7. Wenig Selbstständigkeit gewährend, erscheint gefühlskalt

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

8. Kinder werden herabgesetzt, kommandiert, angeschrien und kritisiert

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

9. Sehr wenig Kontrolle, statt nach und nach Selbst­ständigkeit einzufordern/einzuräumen, wird Kindern erlaubt, eigene Entscheidungen zu treffen

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

10. Überforderung durch Alltagsstress, depressive Grundstimmung

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

11. Warmherzig, aufmerksam und sensibel gegenüber kindlichen Bedürfnissen, lustvolle emotionale Beziehung zum Kind mit reichlich Körperkontakt

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

12. Es wird eine feste aber vernunftgesteuert Kontrolle ausgeübt. Es wird auf transparent gemachtes Verhalten beharrt und die Erwartungs­haltung wird vernünftig begründet

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

13. Kindern wird erlaubt, eigene Entscheidungen zu treffen, auch wenn diese dem Alter nach noch nicht in der Lage dazu sein können

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

14. Gehorchende Erwartungshaltung, Strafe bis hin zu Gewalt, Eltern treffen Entscheidungen für das Kind

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

15. Kinder dürfen essen, ins Bett gehen und überhaupt beinahe jederzeit in jedem Kontext machen, was immer sie möchten. Gute Manieren existieren nicht als Ziel­/ Erwartung

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

16. Wenig Energie für die Kinder vorhanden bis hin zur Vernachlässigung

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

17. Akzeptanz erwartend statt Hinterfragung zulassen

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

18. Es wird auf transparent gemachtes Verhalten beharrt und die Erwartungs­haltung wird vernünftig begründet. Schrittweise Autonomie­räume werden gewährt, Entscheidungen des Kindes gefordert und gefördert - zu denen es fähig ist

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

19. Warmherzig und akzeptierend

a) Autoritärer Erziehungsstil
b) Permissiver Erziehungsstil
c) Unbeteiligter Erziehungsstil
d) Autoritativer Erziehungsstil

 

Teil II Welche Attribuierungen können mit welchem Erziehungsstil laut Berk assoziiert werden?

Erziehungsstil ist das Zusammenwirken erzieherischen (elterlichen) Verhaltens, das sich in den verschiedensten Situationen zeigt und ein kontinuierliches Erziehungsklima schafft. Folgende Erziehungsstile lassen sich beschreiben:

  • Autoritärer Erziehungsstil (dem Kind gegenüber wenig Akzeptanz und Anteilnahme zeigend, wenig Selbstständigkeit gewährend, erscheint gefühlskalt, Kinder werden herabgesetzt, kommandiert, angeschrien und kritisiert, gehorchende Erwartungs­haltung, Strafe bis hin zu Gewalt, Eltern treffen Entscheidungen für das Kind, Akzeptanz erwartend statt Hinterfragung zulassen)

  • Permissiver (antiautoritärer) Erziehungsstil (warmherzig und akzeptierend, statt sich selbst einzubringen, wird Kindern zu viel oder zu wenig Aufmerksamkeit teil, sehr wenig Kontrolle, statt nach und nach Selbstständigkeit einzufordern/einzuräumen, wird Kindern erlaubt, eigene Entscheidungen zu treffen, auch wenn diese dem Alter nach noch nicht in der Lage dazu sein können, diese Kinder dürfen essen, ins Bett gehen und überhaupt beinahe jederzeit in jedem Kontext machen, was immer sie möchten. Gute Manieren existieren nicht als Ziel/ Erwartung)

  • Unbeteiligter Erziehungsstil (Kombination aus niedriger Akzeptanz und Beteiligung mit wenig Kontrolle und indifferentem Verhalten gegenüber Autonomie d. Kindes, häufig fehlt hier eine emotionale Beteiligung der Erziehenden, er herrscht Distanz, Überforderung durch Alltagsstress, depressive Grundstimmung. Wenig Energie für die Kinder vorhanden bis hin zur Vernachlässigung)

  • Autoritativer Erziehungsstil (hohe Akzeptanz des Kindes, hohes Maß an persönlichem Beteiligtsein, angemessen gesteuerte Kontroll­mechanismen und angemessenes Einräumen von Handlungsspielräumen, warmherzig, aufmerksam und sensibel gegenüber kindlichen Bedürfnissen, lustvolle emotionale Beziehung zum Kind mit reichlich Körperkontakt. Gleichzeitig wird feste aber vernunftgesteuert Kontrolle ausgeübt. Es wird auf transparent gemachtes Verhalten beharrt und die Erwartungshaltung wird vernünftig begründet. Schrittweise Autonomieräume werden gewährt, Entscheidungen des Kindes gefordert und gefördert - zu denen es fähig ist)

 

Teil III - Warum wirkt sich ein autoritativer Erziehungsstil so positiv auf junge Menschen aus?

Zu den Begrifflichkeiten folgende Anmerkungen aus Wikipedia.de

Der Ausdruck „autoritativ“ stammt von Max Horkheimer, der in seinem Essay Autorität und Familie (1936) damit das Verhalten eines Menschen (Kindes) bezeichnete, das Autorität von anderen (den Eltern) einfordert. Den Begriff „autoritative Erziehung“ hat dann die amerikanische Entwicklungspsychologin Diana Baumrind geprägt, die in den 1960er und 1970er Jahren Erziehungsstile klassifiziert und deren Auswirkungen untersucht hat. Baumrind konzipierte die autoritative Erziehung als eine Art „gesundes Mittelmaß“ zwischen autoritärer und permissiver Erziehung; Vernunft und elterliche Macht seien hier zum Nutzen des Kindes ideal ausbalanciert.[5]

Der Gedanke eines ausgewogenen Erziehungsstils als Mittelweg zwischen autoritärer Erziehung und Laissez-faire war nicht neu und wurde Ende der 1930er Jahre bereits von dem Sozialpsychologen Kurt Lewin formuliert, der die Bezeichnung „demokratischer Stil“ verwendete. Lewin, der aus dem nationalsozialistischen Deutschland emigriert war, hatte dabei allerdings weniger die Elternhaus­erziehung als vielmehr Führungsstile in der Jugendarbeit im Sinn.

 

Nach aktuellem Forschungsstand korreliert der autoritative Erziehungsstil mit vielen erwünschten Erziehungs-Resultaten bei Kindern:

  • Sicheres Bindungsverhalten und positive Gefühlszustände
  • Angemessene Selbstkontrolle, positives Selbstkonzept (hohes Maß an Selbstwirksamkeits­erfahrungen)
  • Durchhaltevermögen + Kooperationsbereitschaft und soziale Kompetenz
  • Moralische Reife und gute Schulleistungen


⇒ optimaler Kontext für Lernen, Verhaltenssteuerung, Kompetenzzuwachs und Reifeprozesse

 

Anzunehmende Wirkmechanismen dieses Erziehungsstils in 3 Dimensionen beschrieben (nach Urs Fuhrer):

  1. Liebe und Wertschätzung (denken Sie an die Maslowsche Bedüfnispyramide)

  2. Grenzen setzen (Dialektik von Freiheit und Grenzen, Inkonsequenzen meiden, Regelverstöße angemessen lösen, Kontrolle, Vertrauen)

  3. Streben nach Autonomie unterstützen (Eigenständigkeit fördern und fordern, festhalten und loslassen, Ermutigung und Selbstkontrolle)

 

Zwei Lesetipps zum Weiterlesen

http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/WISSENSCHAFTPAEDAGOGIK/Erziehungsstile.shtml

http://lexikon.stangl.eu/1078/autoritarer-erziehungsstil/

 

Literaturnachweis

Laura E. Berk, Prof. an der Ilinois State University in USA mit ihrem Standardwerk Entwicklungspsychologie: „Erziehungsstile“, Kap. 8.7.1, S. 361ff)

Urs Fuhrer: Erziehungskompetenz. Huber 2007

 

Hinweis zur Nutzung des Artikels

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