Historischer Exkurs zur Terminologie Emotionale und soziale Entwicklung

von Alexander Lang

Kreisrundes Logo der HomepageMittelalterliche Denkstrukturen und Begrifflichkeiten
Vom Mittelalter über die Aufklärung bis zum Beginn des 20. Jhdts. wurde Menschen mit Behinderungen eher aus religiösen Gründen oder aus humanistisch orientierten Ideal Hilfe zuteil, vorher herrschte häufig eine teils gleichgültige bis ablehnende (voraufklärerische Sicht) Sicht auf Menschen mit Behinderungen vor („Wechselbälger“, „Krüppel“)

Veränderungen im 20. Jhdt.
Zum Start des 20. Jhdts. entstanden - neben der Erkenntnis von Bildbarkeit (z. B. Gehörlose/Blinde) - darwinistische Strömungen bis hin zu lebensfeindlicher Vernichtungspolitik im Deutschland der 1930er und 1940er Jahre. Hilfsschulen und ihr Personal (als hist. Vorläufer der ES und LE-Schulen) beteiligten sich teils an der Selektion

Vom Paradigma der Verwahrung zur Rehabilitation
In der Nachkriegszeit bis in die 70er Jahre hinein herrschte eher ein Prinzip der Verwahrung [Segregation] vor - mit mehr oder weniger ausgeprägter Pflege, Bewahrung oder mit Schutz (vor Unversehrtheit/ der Öffentlichkeit?)

Ab den 60er Jahren begann ein Wandel in Richtung Förderung und zugleich Rehabilitation: Zahlreiche Sonderschulen wurden gegründet (teils öffentlich, teils durch Elterninitiativen wie z. B. die Lebenshilfe)

Dominanz der Medizin und Psychologie in ES
Dominanter Geist sonderpädagogischen Denkens im Bereich der Verhaltensstörungen war nun ein hohes Maß an Orientierung an den Nachbardisziplinen Medizin und Psychologie, einhergehend mit starken Tendenzen pädagogischer Arbeit in Richtung einer regelrechten „Therapeutisierung“: Ein medizinisch dominiertes Verständnis von Behinderung (als lebenslange Einschränkung und Art persönlicher „Mangel“) herrschte vor, es entstanden zugleich erste Ideen von Integration.

Empowerment und Aktivistentum
Ab Mitte der 1980er Jahre wandelte sich das Leitbild in der Behindertenhilfe unter den Schlagwärtern Empowerment, Selbstbestimmung und Chancengleichheit (z. B. „Krüppelforum“ oder „Krüppelbewegung“ als radikale Aktivisten, siehe Link weiter unten)


Paradigmenwechsel durch den sog. Salamanca-Prozess bis zum Ziel Inklusion
Zu Beginn der 1990er Jahre findet der sogenannte sonderpädagogische Paradigmenwechsel statt (Salamanca-Konferenz, zusammengefasst dominiert nach und nach - zunächst in der scientific community - nicht mehr ein personenzentriertes, medizinisches Verständnis von Behinderung, sondern ein soziales Modell/Verständnis von Behinderung; dieser Prozess ist nach wie vor nicht abgeschlossen, dies wird im schulischen System durch die inklusiven Veränderungen und den damit einhergehenden immensen Herausforderungen deutlich).

Verändertes Denken ⇒ veränderte Sprache
Einhergehend mit diesem Paradigmenwechsel veränderte sich jetzt in allen Bundesländern Deutschlands auch die fachliche sonderpädagogische Nomenklatur und sorgte nun auch  für einen erstmalig einheitlichen fachlichen Sprachgebrauch innerhalb der akademischen Sonderpädagogik im Gesamtdeutschen Schulsystem (Empfehlungen zur Sonderpädagogischen Förderung in den Schulen der Bundesrepublik Deutschland, 1994, KMK):

Sonderschule ⇒ Förderschule,

Sonderschulzuweisung ⇒ Kind-Umfeld-Analysen zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs

Behinderte ⇒ Menschen mit Behinderung (Behinderung als EIN Wesensmerkmal unter vielen von Menschen)

Erziehungsschwierigenpädagogik (NRW), (Verhaltensgestörtenpädagogik, HH) ⇒ Emotionale und soziale Entwicklung

Die letzten sehr bedeutsamen (rechtlichen) Veränderungen der sonderpädagogischen Schulrealität sind durch den bis heute aktuellen Prozess des Schaffens eines inklusiven Schulsystems gekennzeichnet (UN-Behindertenrechtskonvention). In ES schreitet dieser Prozess voran, Zahlen und Fakten zu ES finden sich hier.

Literaturnachweis

Ahrbeck, B, Willmann, M. (2010): Pädagogik bei Verhaltensstörungen. Kohlhammer

Andreas Möckel (Geschichte der Heilpädagogik)

Feuser: Inklusion - Wende ohne Wandel, Krüppelbewegung, Aufstand der Betreuten

 

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